Vom Tod und dem Leben, das nach ihm kommt

Kürzlich fiel mir ein Text vom vergangenen Jahr in die Hände, den ich eigentlich für die Schreibfreundinnen geschrieben hatte, der dann aber erstmal wieder vergessen wurde.

Jetzt ist seine Zeit und ich teile ihn hier, denn durch ihn ist mir etwas extrem Wichtiges erst aufgefallen. Manchmal ist man schon so richtig doppelblind... Aber lest erstmal:

Reden wir von ihm. Reden wir vom Tod. - 31.5.22

Mein Tod heißt Huascar und ist für die Inka sowas wie der Hüter der Unterwelt. Ich weiß nicht, warum ich ihn lieber mag als den Bandlkramer, den Thantos oder den Hades. Wahrscheinlich weil er es war, der einfach da war. Als niemand mehr da war. Nicht mal mehr ich.

Mein Huascar trägt einen weiten Ledermantel, der bis auf den Boden geht und so gut riecht, wie Ledermäntel das eben tun. Er ist gefüttert mit weichem Teddyfutter und hält schön warm. Ich glaube, dass er auf seinem kahlen Kopf einen Schlapphut trägt, aber das weiß ich nicht so genau, weil ich ihn noch fast nicht  von außen gesehen habe.

Denn meistens, seit wir uns kennen, sitze ich bei ihm unter dem Mantel.Ich verstecke mich da, wenn es wieder zuviel wird. Vieles war viel zu viel in den letzten Jahren. So viel Terror. So viel Angst und Druck und schließlich Freeze. Der ewige andauernde Moment des Rien ne va plus.

Unter Huascars Mantel steht die Zeit still. Unter seinem Mantel bin ich sicher. Unter seinem Mantel ist alles gut.

Huascar redet nicht sehr viel. Und höchstwahrscheinlich war er genauso davon überfordert, dass ich Menschling da so bei ihm unterm Schoß und zwischen den Beinen rumsitze, wie ich vom Außen.

Aber eines Tages, nach gefühlten hundert Jahren, ging plötzlich sein schwarzer Mantel auf und er blickte herein zu mir. Muss von Außen witzig ausgesehen haben, wie der schlaksige, spindeldürre Tod – in der Mitte zusammenklappt wie bei der Morgengymnastik – da durch seine gegrätschten Beine sah.

Eigentlich war das das einzige Mal, wo er geredet hat. Ich werde dieses Gesprächhier so wiedergeben, wie es war. Ohne schmückendes Beiwerk. Denn genauso war es.

»Du, entschuldige, aber hier unter meinem Mantel, das ist kein Platz für ein lebendes Wesen. Das tut nicht gut. Ich bin der Tod.«

»Ich weiß. Es riecht schon nach verfaultem Fleisch. Aber ich kann nicht raus. Ich habe Angst.«

»Hm.«

Wir schweigen. Zusammen. Er lässt mich da sein. So, wie ich gerade da bin.

»Wollen wir was spielen?«, fragt er dann.

Auja! Ich will was spielen!

»Komm, wir spielen Brücke. Ich stell' mich mit breiten Beinen hin und dufährst immer unten durch.«

Wir haben das gespielt. Mal war ich ein Schiff, mal eine Kutsche, ein Auto, … Immer so rein in den Mantel, durchrutschen, raus aus den Rockschößen und gleich wieder zurück. Es war echt lustig. Und so tröstlich.

Das leitete den Gebärprozess ein. Mit allem, was dazu gehört: Fürchterlichen Kontraktionen, Wehen, Pressen, Stemmen und dann schließlich Hingeben.

Plötzlich stellte ich mir zum ersten Mal die Frage nach meinem Wert. Und ich beschloss, dass ich es mir wert bin zu leben. Wenigstens erst einmal zu sein. Es war der Tag, an dem ich erkannte, dass ich ein Recht darauf hatte, zu existieren. Gesehen zu werden. Wahrgenommen. Vielleicht sogar wertgeschätzt.

Es war ein langer, dunkler Tunnel, doch ich bin durchgerutscht. Zum zweiten Mal. Habe von neuem Sprechen, Laufen gelernt. Habe gelernt zu sein.

Warum ich dir das erzähle?

Weil ich jetzt wieder bei ihm bin. Nicht wieder aus Angst vorm Außen. Nicht versteckt unter seinem Mantel. Wir sitzen nebeneinander auf der Bank und ich weiß, etwas wird sterben. Etwas in mir darf gehen.

Und ich weiß: Nach dem Tod wird wieder ein Tunnel kommen. Und ich werde vielleicht diesmal besser durchrutschen. Und dort, am Ende des Tunnels ein neuer Sonnenaufgang. Ein neues Leben. Mein Leben.

Ich weiß: It's a new dawn, it's a new day. You know how I feel. It's a new dawn, it's a new day, it's a new life for me. And I'm feeling good.

Mentoring und Prozessbegleitung

Wenn das, was du liest, zum Antrieb wird

Die Idee war, mit dem Gefühl, das uns beim Lesen der ersten Textrunde besonders berührt hat, weiterzuschreiben.

In Dialog zu gehen. Mehr mit dem Gefühl in uns, als in den äußeren Dialog.

Das war auch nicht nötig.

Unsere Texte sagten bereits alles und mehr, als wir vielleicht überhaupt jemals irgemdjemandem gesagt hätten - wenn da nicht der schützende kreisrunde Raum der Schreibfreundinnen geween wäer. Der Ort, der Tribe, an dem wir und unsere Gefühle sicher waren. Und um ehrlich zu sein, es ist ein gigantischer Berg aus Mut, den wir damals erstiegen haben und der sich jetzt ganz entfaltet und sichtbar wird, jetzt, wo du es öffnentlich liest.


Eigentlich ist das schon interessant.

Weil dieser Text sich in ähnlicher Form durch alle meine drei Bücher zieht.

Sanne erkennt in "Ein Buch, ein Gebirge und der Fluss der Schöpfung" auch nach langem, zähen Ringen, dass sie so was wie einen Wert besitzt. (Oh, Göttin, wir vergessen das alle IMMER WIEDER !!!)

Und in "Geena und der Mückenschiss" kommt die Szene mit dem Spiel mit dem Tod fast 1:1 vor (wenn Geena keine Angst vor ihm hat,und die ist ein Mädchen, dann sollte er uns doch erst recht keine Angst machen, oder? Oder?)

Und dieser wundervolle Ausblick eines neuen Tages, der mir gehört, mein Leben, von dem handelt mein neuster Roman "Von Drachen, Ariadne und dem Fluss des Lebens".


Ich habe den obigen Text im Mai 22 geschrieben, da waren alle drei Romane bereits fertig.

Im Oktober habe ich dann mit Geena und die Wand der Schädel begonnen - und siehe da! Diese Szene ist nicht mehr drin. Wird auch im nächsten Kraftort-Roman nicht mehr drin sein...

Was ist da passiert?

Sollte das stimmen, dass ich jetzt mit dem Tod, dem Sterben tatsächlich auf Augenhöhe auf der Bank sitze und entspannt bin? Dass ich gewachsen bin?


Weiß nicht, gib du die Antwort, die du dich traust.

Wenn du mit "Nein" antwortest, machste einfach so weiter wie bisher, nichts wird sich ändern. Alles bleibt.

Wenn sie aber "Ja" lauten sollte, dann sagst du dir damit gerade eben selbst, dass es auch für dich möglich ist. Dass auch DU es schaffst zu wachsen und deine größte Angst zu integrieren.

Und?

It's a new dawn, it's a new day. You know how I feel. It's a new dawn, it's a new day, it's a new life for me. And I'm feeling good. (Nina Simone)

MÖGEN DIE OMAS MIT UNS SEIN!

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Wie z.B. ENDLICH DIE WANDERUNG ZU "EIN BUCH, EIN GEBIRGE UND DER FLUSS DER SCHÖPFUNG".

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