Wie ich wurde, was ich bin. Mein Weg zur Heldinnenreisenden.

29.5.2022

Oder: Die Welt ist magisch


Was für eine weirde Geschichte!!! Ich hänge so wie ein Schluck Wasser in der Kurve und dann trifft mich dieser Ruf zum BoomBoomBlog 2022 von Sympatexter wie damals ein zerkautes und zerknülltes Stück Löschpapier in der Schule! 

Und dann schreib ich so und rauskommt ne Heldinnenreise in 16 Stationen... Ach, lest selbst:


1970: Der Ruf zum Abenteuer. Ich schätze, meine Eltern hatten Sex. Da war ich zwar nicht dabei, aber ich gehe schwer davon aus, dass es so gewesen sein muss.


1973: Die Weigerung, dem Ruf zu folgen. Aufgewachsen bin ich meistens bei meinen Urgroßmüttern, wo ich früh das Reiten auf Uropas Rücken gelernt und unterm Küchentisch sitzend den Erzählungen meiner Uromas gelauscht habe. Es war ziemlich gemütlich da. Und weil ich jetzt am liebsten mit und über weirde Omas schreibe, zeigt mir, dass ich da wohl manchmal immer noch sitze...


1976: Übernatürliche Hilfe. Ich bin als Kind gerne in die Kirche gegangen. Selbstverständlich in die katholische. Irgendwann später sollte mich ein Intendant fragen, ob ich katholisch wäre, weil das logisch sei. Hm. Logisch? Ja, logisch. Die Inszenierung der Eucharistie, diese magische Wandlung haben mich so schwer begeistert, dass ich heimlich zu Hause mithilfe des Gesangbuches auch ein bisschen gezaubert habe.


Alexandra H. Meier (zahnlückig) als Indianer beim Fasching
Das Tpr zu neuen Universen aus lego

1988: Das Überschreiten der ersten Schwelle. Bis ich plötzlich entdeckt habe, dass es diese Inszenierung und Transformation auch im Theater gibt. Oha. Von da an habe ich auf der Freilichtbühne Luisenburg, der Studiobühne Bayreuth und dem Städtebundtheater Hof Theater gelernt und natürlich revolutioniert (haha). Kennt ihr den: Zwei Schauspieler stehen auf der Bühne. Sagt der eine zum anderen: »Geh mal runter und schau, ob ich in der Mitte stehe«. Das hat der gemacht und ist unten geblieben. – Diese Geschichte, die der großartige Wolfgang Wahl mir erzählt hat, hat mich geprägt. Ich war nie die, die knallhart sagt, wo's lang geht, wie's klingen muss. Ich war mehr so die, die die Rollen und das Stück gemeinsam mit den Spielern intuitiv sich entwickeln lassen wollte. Mein Job war nie, zu sagen, was er jetzt fühlen sollte, sondern echt nur zu überprüfen, ob er in der Mitte war. In seiner Mitte. In der Mitte der Rolle. Ob's stimmig war. Witzig, jetzt wo ich's schreibe, fällt mir auf, dass ich damals schon die zutiefst innere Überzeugung gehabt habe, dass es sowas wie eine uns übergeordnete Struktur gibt, der unser Leben ganz intuitiv folgt... 


1992: Im Bauch des Walfischs. Star Trek The Next Generation: Dies sind die Abenteuer des neuen Raumschiffs Enterprise, das viele Lichtjahre von der Erde enfernt unterwegs ist, um fremde Welten zu entdecken, unbekannte Lebensformen und neue Zivilisationen. Die Enterprise dringt dabei in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat – und Captain Picard war mein Vorbild, während ich hoffnungslos in Counsellor Deanna Troi verliebt war. – Ich glaube, alles, was ich im leben wissen musste, habe ich in STTNG gelernt, aber erst Guinan hat mich dann voll weggebeamt und mir echt andere Welten eröffnet 


1993: Der Weg der Prüfungen. Im Studium das ganze dann theoretisch untermauert. Da war's dann wieder: Metaphysik im Dadaismus und Synchretismus im Altargeschirr. Mythologie. Das, was dahinter liegt und alles irgendwie mit allem verbindet... 

1994: Das Treffen mit der Göttin. Erste zaghafte Begegnungen mit der beseelten Natur (was man halt so Schamanismus nennt). Ich habe zum ersten Mal gefühlt, was es bedeutet, eins mit der Natur zu sein. Seelisch Duschen im Demtutstal und nackt Baden im Steinbruch. Freunde. Leichtigkeit. Philosophie. Trommeln. Legobauen. Spaß.

2006: Die Frau als Verführerin. (Hä? Da muss ich kurz nochmal nachschlagen - ach ja, richtig, Odysseus und Kirke…) STTNG 2 / Theater 2: Ich als Captain Picard im Weltraum Schule. Lernen als zu erforschender und entwickelnder Raum und Pubertier-Domptöse- Regisöse. Wieder wie beim Theater. Nichts aufoktroyieren, sondern sich entwickeln lassen. Da habe ich gelernt, zuzugeben, dass ich auch mal nix weiß. Begegnung auf Augenhöhe. Entspanntes, wertschätzendes Miteinander jenseits all dessen, was man sich sonst so unter Mittelschule vorstellt. Ich glaube, ich habe geglaubt, dass es ewig so weitergehen könnte. Ich hatte alles erreicht. War gesattelt im Zyklus 7-9, war Teamleiter, Vorreiter der besten Schule Bayerns und Experte für Ausbildungsreife. War noch jung und konnte täglich 20 Stunden arbeiten. Wenn da nicht... 


2009: Versöhnung mit dem Vater. … plötzlich Mia Brummer aufgetaucht wäre. Ich hatte damals ziemlich viel um die Ohren (vor allem, je weiter oben ich war, und von meinen Chefs so Sachen zu hören bekäme wie "das haben wir doch noch nie gemacht. Das machen wir auch nicht"). Etwas fehlte. Die Freiheit fehlte. Also ging ich mit ihr durchs Medizinrad, machte eine schamanische Ausbildung, um aus diesem Gefängnis zu entkommen. Hat noch nicht ganz geklappt, aber ich habe wieder etwas über diese seltsame Struktur gelernt, der wir folgen ohne es zu merken. Und Rituale, die ich nicht mehr heimlich mit dem Gesangbuch machen musste. Jetzt durfte ich sie selber erfinden. Es war so tröstlich. So ganz. So spieletisch. Irgendwas hatte mich so sehr daran gepackt, dass ich mich nicht mehr auf das übliche Schulcurriculum reduzieren wollte. Nee, ich wollte, dass die Kids das auch spüren. 


2010: Vergöttlichung des Menschen. Ich begann, den Schamanismus, Medizinrad mit Schülern zu machen. Überhaupt begann ich das Zelten mit Schülern. Sie loslassen, Zeit schenken. Einfach mal nix machen. Aushalten. Spielen. Sie in den Wald schicken und aushalten, dass sie nur zum Essen wiederkommen, weil sie sich plötzlich selbst beschäftigen können. Einfach mal aushalten, dass sie zehn Meter über dem Erdboden in der Birke sitzen, versichern, dass sie's drauf haben, und vertrauen. Einfach mal zwei Stunden lang dem »bösen« Schüler beim Kartoffel Schälen zuschauen und endlich mal gut mit ihm unterhalten.

Apacheta - Blumenmandala
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Alexandra H. Meier Ein Buch, ein Gebirge und der Fluss der Schöpfung

2015: Die größte Bereicherung. Bis dann der 25.11. passierte. Eine Bombe war meine Neugeburt. Also eigentlich war es nur eine Drohung, aber ab da war alles vorbei. Was? Na, ihr habt's bestimmt schon erraten. Meine Chefs fanden jetzt meinen Erziehungsstil nicht so prickelnd, die Beurteilungen waren vorgefertigt und nicht über mich, eigene Klassen bekam ich nicht mehr. Stattdessen wollte mein Arbeitgeber immer mehr, immer besser in immer kürzerer Zeit. Am Schluss  hatte ich 120 Schüler in 7 Klassen und 9 Fächern. Am Schluss wusste ich nicht mehr, in welchem Fach ich gerade unterrichte. Die Frage war: Was bin ICH mir eigentlich wert? Den Ausstieg war ich mir wert. Zuerst im Innen. Im Freeze. Im totalen Eingefroren-Sein. Fünf Jahre habe ich so verbracht. Fünf Jahre versteckt unter dem Mantel von Gevatter Tod wie damals unter dem Küchentisch.


2019: Verweigerung der Rückkehr. Wahrscheinlich wäre ich da auch ewig sitzen geblieben, wenn nicht Gevatter Tod mich unter seinem Mantel rausgeschmissen hätte und mir dadurch dieeinmalige Chance bot,  alles wieder neu zu lernen – und diesmal richtig, gut, genährt, gehalten, getragen. Meine Psychotherapeutin Mia Brummer war soooo die Ziehmama mit Rockschößen zum Reinheulen, und haltenden wie schubsenden Händen. Ich war anfangs wie ein kleines Baby. Ich habe ja ganz langsam wieder anfangen müssen, Dinge an mich ranzulassen. Ich hab ja nichts mehr verstanden. Die Worte und ihre Bedeutung, das war alles komplett weg.


2021: Der magische Fluss. Mein magischer Moment, meine 13. Fee, die mich wach geküsst hat, war Gela Löhr und ihr magisches Schreibcamp. Da bin ich voll reingeplumpst in meinen Tribe. Seitdem schreibe ich. Zuerst nur, weil ich die Stimmen in meinem Kopf, die immer noch wie ein verrückter Hühnerhaufen rumgeschrien haben, zum Schweigen bringen wollte. Doch dann kam das, was ich schrieb, plötzlich richtig gut an – und zum ersten Mal sagten mir Menschen, dass das voll gut ist, was ich da tue.


2021: Rettung von außen. Übers Storytelling kam ich wieder zur Heldenreise als Struktur, erinnerte mich wieder ans Studium, das Theater, den Film, und schrieb den ersten Band meiner Romantrilogie Geena und die Omas (Band 1 im Lektorat)


2021: Das Überschreiten der Schwelle zurück. Ich lernte die Heldinnenreise von Maureen Murdock kennen, die weibliche Struktur der Heldenreise, die mir mehr als zwei Augen geöffnet hat. Und tatsächlich überschritt ich die Schwelle mit meinem magischen Reiseroman "Ein Buch, ein Gebirge und der Fluss der Schöpfung", in dem ich in sieben Wochen alles aufschrieb, was ich zu sagen hatte. Über die haltende, nährende Natur, über den "bigger, better, faster, more"-Struggle, und wie die uralte Struktur uns rausführt - und über  alles, was ich endlich als rettendes Elixir verstanden hatte - ganz einfach, weil ich es an eigener Haut erlebt hatte.

Heute: Meister zweier Welten. Heute lebe ich wieder. In meiner Sisterhood die Schreibrebellinnen, die voll auf mich abfährt, wie ich auf sie, erfahre ich Wertschätzung, Unterstützung, Netz und vor allem Weiblichkeit – und wie ihr schon bemerkt habt: Ich kann nicht halb, ich kann nur ganz. Deswegen dreht sich mein ganzes Leben jetzt nur noch darum.  Um alles, was du bisher gelesen hast: die grundlegende Struktur, die magische Wandlung, die Verbundenheit mit allem, die Natur, die Zeit, das sich Entwickeln lassen. 


(gestern und vorgestern und so: ich will nicht lügen. Ich habe von dem Elixir, das mir geschenkt wurde, auf dem Weg hierher ne ganze Menge verschüttet auf diesem holprigen Weg. Dieses Überfunktionieren und das Müssen und das Nie Genug Sein stehen immer noch hinter jeder Ecke und lauern hinter jedem Stein. Aber wie sagt meine Lieblingskollegin Eva Rhode? "Das sind nur die Überprüfer. Die wollen wissen, ob du das auch wirklich mit jeder fucking Zelle glaubst - und lebst". Hm. Dennoch, so sagt der Forscher in mir, ist da was weird mit dem heiligen Gral: Der wird trotz dem ganzen Verschütten nicht leer...)


Morgen: Freiheit zum Leben. Ich mache eine Ausbildung zur Mentorin der neuen Zeit. Morgen werde ich als erfahrene Heldinnenreisende deine Heldinnenreiseleiterin sein.


P.S. Damit du nicht so lange warten musst, kannst du ja einstweilen meinen Heldinnenreiseroman "Ein Buch, ein Gebirge und der Fluss der Schöpfung" lesen und dich auf diesen gigantischen Fluss von Kraft schonmal eingrooven ;-)