"Weißt du, liebe Katharina, die Wahrheit ist: Du bist bereits frei."

Von Drachen, Ariadne und dem Fluss des Lebens

Warum musste dieses Buch geschrieben werden

Das Nachwort

Eigentlich sollte dieses Buch ja »Aussen-Innen« heißen, denn mehr als einmal wurde mir beim Schreiben, beim Eintauchen, ja, beim Mitreisen mit Katharina bewusst, dass das Außen nur ein Spiegelbild des Innen ist.

So, wie Katharina selbst es ist, die die lange dunkle Reise in ihr Labyrinth aus eingeimpften Glaubenssätzen und Verhaltensregeln antreten muss, so wie sie selbst wie ein Digger ihr Innerstes freilegen und wieder nähren muss - so sind wir alle dazu aufgerufen, das, was im Außen geschieht, immer wieder auch in uns zu suchen, zu heilen und seiner ursprünglichen Berechtigung zuführen.


Ich meine damit NICHT, dass jeglicher seiner Freiheit beraubter Mensch sich unterwirft. Denn damit würde er sich auslöschen und stattdessen ein noch undurchdringlicheres Labyrinth aus weiteren fesselnden und den Atem raubenden Idealen anderer aufbauen.


Was ich meine ist, dass jeder Mensch dazu aufgerufen ist, sich immer und immer wieder Fragen zu stellen!



Worum geht’s hier eigentlich?


Oh, das ist eine ganz besonders wichtige Frage! Deswegen will ich versuchen, sie dir zu beantworten.

Ich will damit beginnen, dass ich keinen Unterschied sehe zwischen der von mir beschriebenen Geschichte einer unterdrückten Frau und der Ausbeutung unseres Plane-

ten. Das große Außen und wir, wir sind eins. Lass mich es dir erklären:

Vor 5000 Jahren gab es sehr große Naturkatastrophen. Menschen wurden dazu gezwungen, ihre Heimat zu verlassen, um woanders ihr Überleben zu sichern.

Unter diesen wandernden Völkern waren reitende Krieger dabei, die in die Gebiete einfielen, sie unterwarfen, missbrauchten, Frauen vergewaltigten, zur Beute machten und auslöschten. Die Eroberer zerstörten die Kultur und die Tradition der Ursprungsvölker und etablierten gleichzeitig eine höhere Instanz, die dafür sorgte, dass auch ja keinerlei Zweifel an der Berechtigung ihrer Taten aufkam. Sie löschten den Glauben an eine weibliche, lebensschöpfende und lebensbejahende Instanz einer weiblichen Göttin auf zugunsten des strafenden, lebensverachtenden männlichen Gottes. (vgl. hierzu: Eisler, Riane: Kelch und Schwert. Unsere Geschichte, unsere Zukunft).


Von da an ging’s bergab. Es war die Zeitenwende zumPatriarchat und damit zu einer der zerstörerischsten dominierenden Epoche überhaupt.

Alles Weibliche, alles Natürliche wurde mit unnachgiebiger Gewalt ausgelöscht und ganz tief vergraben. So tief, dass bald jeder vor diesem teuflischen Zeug Angst haben musste. Das Unkontrollierbare, Impulsive wurde unterdrückt, in Zwänge gepackt, in Kanäle gelegt. Bald waren wilde Weiber Hexen und Hexen mit dem Teufel im Bunde.

Man duldete keine Ausbrüche des Lebens. Hexen, Vulkane, Erdbeben - alles unkontrollierbar, alles zerstörerisch, alles eins.

So sehr wir auch glauben, fortschrittlich und zivilisiert zu sein - so wenig sind wir es. Über mittlerweile 5 Jahrtausende führen wir diese dominatorische Gesellschaftsformweiter fort. Und scheinbar kann nur das Ende der natürlichen Ressourcen, das unwiederbringliche Auslöschung diesem patriarchalischen Streben ein wahrhaftes Ende setzen.

Hexenverbrennung, Inquisition, Sklaverei und Kolonialismus wähnen wir nur in der Vergangenheit. In Wahrheit ist alles JETZT. Wir nutzen nur andere Wörter dafür.

Meistens geht es in diesen Wörtern um Leistung, Fortschritt und Effizienz...

Noch immer ist das Weibliche, sind gerade wir Frauen von Unterdrückung und Ausbeutung in geradezu unglaublichem Ausmaß betroffen!

Noch immer sind wir Frauen Beute, Besitz des Mannes - und dürfen deshalb genau wie die Erde folgerichtig ausgebeutet werden, ganz gleich ob in der Ehe oder im Arbeitsleben oder die Natur.

Wir wissen es.

Und was geschieht?

Mit einer uns seit Jahrhunderten eingeimpften Selbstverständlichkeit, die sogar “intellektuelle” Frauen und Männer unfiltriert nachplappern, vertreten wir noch immer das lebensverachtende Recht des Stärkeren. Wir leben es.

Wir glauben an Evolution, die beständige Weiterentwicklung, den ewigen Fortschritt, zugunsten des Einen, der stark genug ist.

Wir glauben auch an die Re-Evolution, das kämpferische Sich Wehren der »Jugend«.

Wir glauben daran, dass immer, immer der Stärkere Recht hat.


Schauen wir uns den Stärkeren an.

Er besitzt. Er besitzt sogar das, was eigentlich anderen gehört. Er ist der Dominator und nimmt es sich. Und weil er es sich genommen hat, darf er es ausbeuten. Leben,

Wasser, Tiere, Pflanzen, Luft, Erde... Alles gehört ihm. Bis es leer ist – und das ist bald.

Er ist der Patriarch, denn er ist es gewohnt, dass seinen Aufforderungen Folge geleistet wird.

Er ist dominant und beweist das, wo immer er kann.

Durch Taten, Worte und Verachtung.

Der moderne Patriarch hasst Verantwortung.

Ja, er verabscheut Verantwortung zutiefst.

Er trägt niemals Schuld. Die Schuld wird immer sofort ins Außen verlagert.

Dabei ist unser Wort »Schuld«, ursprünglich skuld, nichts anderes als eine Verbform von »Sollen«. Denn es bedeutet: Das, was geschehen wird, weil es aufgrund der Vergangenheit nicht anders geschehen kann – wir sagen dazu heute Kausalität.

Es ist also zum Beispiel nur folgerichtig und daher gesellschaftlich genehm, wenn ein Besitzer seinen Besitz gegen dessen Entwendung verteidigt. Die Schwere der Schuld

im richterlichen Sinne dürfte also gering ausfallen, da der Besitz die Verantwortung für die Tat schmälert.

Du bist auch dieser Meinung?

Alle drei Tage wird wieder eine Frau Opfer dieser sogenannten »Trennungstötungen«. So nennt man das, wenn ein Mann seine Frau, die ihn verlassen will, ermordet. Esist »die Verteidigung seines Besitzes« (BGH vom 29.10.2008, Az. 2 StR 349/08; BGH vom 15.05.2003, Az. 3 StR 149/03; BGHR StGB § 211 niedrige Beweggründe32). Wenn eine Frau aber ihren Peiniger im Schlaf ermordet, weil sie sich nicht mehr anders zu helfen weiß, dann ist dies Heimtücke und es droht lebenslange Haft. Das Wort »Trennungstötung« hat fast ein bisschen den Nachgeschmack von »Kavaliersdelikt« und ist ähnlich wie »letale Entnahme« ein verabscheuenswürdiger Euphemismus, den wir unberührt hinnehmen.

Beide Worte, also Trennungstötung und letale Entnahme klingen fast sanft und weich im Gegensatz zu Heimtücke und Klimaterroristen.


Verstehst du?


Jahrtausende von patriarchaler Unterdrückung haben uns eingebläut so zu denken.

Das einzige, was uns jetzt hilft, ist nach Innen zu schauen.

Wir müssen die »Schuld« in uns selbst suchen.

Und, ich wiederhole nochmal, damit meine ich NICHT Gedanken wie »Na, vielleicht hat er recht, vielleicht hab ich echt blöd geguckt« - NEIN!

Damit meine ich, die richtigen Fragen zu stellen! Hässliche Fragen.


Diese hässlichen Fragen lauten:

Wie konnte es so weit kommen?

Wer bin ich eigentlich?

Was will ich eigentlich?

Ist das wahr?

Ist das wahr, dass ich nichts wert bin?


Das ist kein Spaziergang und geht nicht schnell. Was seit Jahrhunderten über Generationen hinweg eingeprägt in unseren Zellen ist, lässt sich nicht in zehn Tagen löschen.

Es ist eine riesengroße Trauma-Transmission, aus der wir uns da schälen müssen – zumal wir selbst noch mitten in der traumatischen Situation leben...

Du bist mutig! Das beweist du jeden Tag.

Du wirst nicht aufgeben. Nicht schweigen. Weiter Fragen.

Nach innen und dann auch nach außen.

Du wirst dir erlauben, den Antworten aus dem Zentrumdeines Labyrinths, deiner wirren Verstrickungen endlich Raum zu geben!

Du wirst dem Flüstern des vermeintlichen Drachen lauschen!

Oh, du wirst durch die Hölle gehen. Nicht alle Antworten, die dein Ich dir gibt, werden dir gefallen.

Doch die sogenannte Hölle des Labyrinths, die Erforschung deines Selbst, ist ein Ponyhof im Gegensatz zu der wahren Hölle, in der du gerade lebst.

Im Zentrum des Labyrinths sitzt nämlich gar kein Monster!

Auch wenn die Patriarchen uns das gerne weismachen würden durch ihre abstrusen Geschichten und Folgerichtigkeiten, durch ihr »du bist zu schwach« und ihr »er hat halt besser verhandelt« (oder müssen sich Männer extralang in der Gemeinschaftsdusche bücken um an bessere Gehälter zu kommen? kann ja auch sein), durch Angstmacherei und Drohgebärden und Bomben und auch durch die tägliche Folterberieselung der patriarchalischen Wortverarsche um uns davon abzuhalten genauer hinzuschauen, hineinzugehen und unserem wahren Kern zu begegnen - 

Der Gang durchs Labyrinth will uns außer uralten, unnötigen Ballast nichts wegehmen, wie all die anderen Beziehungen, die du bereits kennst. Stattdessen beschenkt er uns mit Lebensnotwenigem. Mit Selbstwert. Selbstfürsorge und -liebe.

Dein wahrer Kern, die Seele ist immer lebensbejahend, immer lebenserhaltend.

Und ja, bei den Patriarchen, den Dominierenden, den Narzissten, bei denen sitzt da wirklich ein Monster. Deren Monster heißt Leere und Nichts. Sie besitzen nichts anderes als uns, ihren ewigen Spiegel. Sonst nichts. Und jetzt stell dir mal vor, wenn der Spiegel plötzlich nicht mehr funktioniert...

Und wir?

Wir werden jetzt den Ruf zum Abenteuer annehmen und uns erkennen

Wir werden unseren Wert erkennen, und daraus folgerichtig schließen, dass auch die anderen Wert besitzen.

Und zwar genau denselben! Ja, dass selbst der Planet, auf dem wir leben und von dem wir leben, nicht getrennt von uns existiert.

Wir werden uns selbst und auch den anderen auf Augenhöhe begegnen, wir werden die egalitäre Gesellschaft, die auf Gleichwertigkeit gründet, leben.

Wir werden uns daran erinnern, wer wir wahrhaft sind -

und das Spiel WIRD sich ändern.


Utopisches Gesäusel?


Nein, denn das gab es schon. Bis vor 5000 Jahren, z.B. auf Kreta. Dort gab es ein egalitäres System ohne Krieg, ohne Kämpfe. Dort wusste man vom Labyrinth und hat diesen

Gang hinein zum Selbst als Wachstumsprozess etabliert.

Man wusste davon, dass dieser Prozess für jedes Individuum lebenswichtig ist – und um vieles mehr überlebenswichtig für die Sozietät und die Natur.

Man wusste davon, dass das Leben wichtiger ist als der Tod. Und dieses Leben verehrte man.

Wovor haben also die Patriarchen und Dominierenden Angst?

Vorm Leben.

Vorm Hinschauen.

Vorm Hinfühlen.

Vor Empathie.

Vorm Nichts.

Gib ihnen alles!

Und du, lebe!

Du bist auch so eine, die sich selbst nie genug ist? Dann hab ich da was - zum Immer Wieder Dran Erinnern:

Die Geschichte einer Frau auf dem Weg zu ihrer Freiheit

Die 50jahrige Schulbuch-Verlagsassistentin Katharina hat sich die Kerkermauern ihres Lebens schön geschmückt. An den sterilen Wänden prangen die Insignien des Erfolgs im Job, sowie die Medaillen der Unterwürfigkeit in der Ehe, um Missbrauch zu vermeiden.

Doch dann gräbt sich die lebendige Natur durch die schützenden Mauern ihres Labyrinths und beginnt, sie zu sprengen.

Jeder Schritt hin zum Zentrum ihres gut verborgenen Selbst zeigt Katharina, dass sie bereits genug ist, gesehen und wertgeschätzt wird. So wird sie, was sie bereits ist: Eine freie und autarke Frau.

Bitte sei vorsichtig:

Der Roman thematisiert Gewalt an Frauen und kann belastend und retraumatisierend wirken.

Alexandra H.Meier: Von Drachen, Ariadne und dem Fluss des Lebens

Mentoring und Prozessbegleitung